Dienstag, 3. Juni 2014

Die Feinheiten der paritätischen Kommissionen...

epd sozial titelt in ihrer Ausgabe vom 23. Mai 2014: "Bischöfe lassen ver.di warten". Man erfährt in dem kleinen Artikel, dass eine Arbeitsgruppe von Caritas und Kirche derzeit Vorschläge zur Neuordnung des Arbeitsrechts berät.
Die Entscheidungen treffen die Bischöfe sowie die Delegiertenversammlung der Caritas.
Tja. Wer über die Spielregeln entscheidet, braucht sich vor der Parität, dieser vermeintlichen Garantie fairer Ergebnisse, nicht zu fürchten. Faire Partnerschaft sieht anders aus.

(Man stelle sich mal vor, den Arbeitgeberverbänden wäre die Aufgabe zugewiesen, die Satzungen der Gewerkschaften zu formulieren und zu erlassen!)



"...erfahrungsgemäß ist es am Verhandlungstisch leichter, den status quo zu verteidigen, als Veränderungen gegen die Interessen des Gegenspielers durchzusetzen. Die bestehende Tariflage ist aber durchweg günstiger für die Arbeitgeber als für die Arbeitnehmer. Den Gewerkschaften fällt damit bei Lohnverhandlungen stets die Rolle des Fordernden zu, die Arbeitgeber können sich auf die des Neinsagers zurückziehen. In dieser Situation ist die Arbeitnehmerseite regelmäßig auf Druckmittel angewiesen, um überhaupt etwas zu erreichen.
Die bisher im Dritten Weg erzielten Verhandlungsergebnisse bestätigen diese allgemeine Einschätzung des Bundesarbeitsgerichts. Sie deuten darauf hin, dass die Interessen der Arbeitnehmer in der Solidarität ihres Verbandes deutlich besser aufgehoben sind als am Verhandlungstisch der Arbeitsrechtlichen Kommission. Auf der kurzen Strecke, die auf dem Dritten Weg bis jetzt zurückgelegt worden ist, sind die Entgelte der kirchlichen Mitarbeiter vor allem im Niedriglohnbereich hinter den Entgelten der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst deutlich zurückgeblieben." 
schreibt Jürgen Kühling in seinem Gutachten "Arbeitskampf in der Diakonie"

Auch das BAG hat schon sehr früh erkannt, dass Tarifverhandlungen ohne das Recht zum reglementierten Streik „kollektives Betteln“ wären (BAG vom 12.9.1984 - 1 AZR 342/83 - ).
... Das Recht der Gewerkschaften, zur Durchsetzung von Arbeitsbedingungen einen Streik ausrufen zu dürfen, ergibt sich aus Art. 9 Abs. 3 GG. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet für jedermann und für alle Berufe das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen - Koalitionen - zu bilden. Diese Gewährleistung umfaßt auch den Schutz der Koalition als solcher und ihr Recht, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen (BVerfGE 50, 290, 367, mit weiteren Nachweisen; 58, 233, 246). Zu der geschützten koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch der Abschluß von Tarifverträgen, durch die die Koalitionen insbesondere Lohn und sonstige materielle Arbeitsbedingungen in einem Bereich regeln, in dem der Staat seine Regelungszuständigkeit weit zurückgenommen hat, und zwar in eigener Verantwortung und im wesentlichen ohne staatliche Einflußnahme (BVerfGE 44, 322, 340; 58, 233, 246).

Die damit im Kern durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie wird durch das Tarifvertragsgesetz konkretisiert. Durch dieses Gesetz wird den Koalitionen das Recht eingeräumt, Normen im rechtstechnischen Sinne zu schaffen und damit den Inhalt von Arbeitsverhältnissen unmittelbar und zwingend zu gestalten. Das geschieht in der Form kollektiver Verträge (Tarifverträge), die zwischen einer Gewerkschaft einerseits und einem Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband andererseits zustande kommen müssen (BAG 33, 140, 149 = AP Nr. 64 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu A I 1 b der Gründe).

Tarifverträge kommen nur zustande, wenn sie gegebenenfalls von den Gewerkschaften mit den Mitteln eines Arbeitskampfes erzwungen werden können. Die Gewerkschaften sind auf die Bereitschaft der Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände zum Abschluß von Tarifverträgen angewiesen. Sie wollen in der Regel eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder erreichen. Andererseits kann sich die Arbeitgeberseite auf die Ablehnung einer Vereinbarung beschränken. Deshalb hilft den Gewerkschaften nur ein weiterer Druck. Das folgt aus der bisherigen Sozialgeschichte (vgl. BAG 33, 140, 150 = AP Nr. 64 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu A I 2 a der Gründe) ebenso wie aus der geltenden Wirtschaftsordnung. Nach dieser fließen Gewinne aus Preiserhöhungen und Produktivitätssteigerungen zunächst dem Unternehmer zu (Seiter, RdA 1981, 65, 77). Bei diesem Interessengegensatz wären Tarifverhandlungen ohne das Recht zum Streik nicht mehr als "kollektives Betteln" (BAG, aaO). Deshalb muß der Streik in unserem freiheitlichen Tarifvertragssystem zum Ausgleich sonst nicht lösbarer Interessenkonflikte möglich sein. Auch in der Literatur ist das Streikrecht der Gewerkschaften deshalb weitgehend anerkannt (vgl. Nachweise in BAG 33, 140, 151 = AP Nr. 64 zu Art.9 GG Arbeitskampf, zu A I 2 b der Gründe).
...

"Arbeitskämpfe dürfen nur insoweit eingeleitet und durchgeführt werden, als sie zur Erreichung rechtmäßiger Kampfziele und des nachfolgenden Arbeitsfriedens geeignet und sachlich erforderlich sind. Jede Arbeitskampfmaßnahme - sei es Streik, sei es Aussperrung - darf ferner nur nach Ausschöpfung aller Verständigungsmöglichkeiten ergriffen werden; der Arbeitskampf muß also das letzte mögliche Mittel (ultima ratio) sein."
...


Dass angesichts dessen, epd sozial ausführen kann, der Dritte Weg sei bei der Caritas "nahezu unumstritten", es bestehe eine "Allgemeine Zustimmung zum Dritten Weg", verwundert nicht - wenn man die Caritas-Arbeitgeber fragt oder diejenigen, die sonst Vorteile aus diesem System haben, dann ist so ein Ergebnis durchaus zu erwarten.
Allerdings wird auch hier schon argumentiert, der "Flächentarif" habe "Modifikationen" nötig, man brauche ein "schlankes, klares Tarifsystem", einen rücksichtsvolleren Tarif bzw. einen Flächentarif mit "mehr Elastizität".
Kurz: eine AVR Caritas nach Fasson der Dienstgeber.

Wer in dieser Situation keinen Arbeitskampf will, der muss sich mit der Gewerkschaft vertragen. Man spricht dann vom "Tarifvertrag" und der damit verbundenen "tarifvertraglichen Friedenspficht". Einseitige Regelungen sind aber der falsche Weg.

2 Kommentare:

  1. So unglaubwürdig kann man die katholische Soziallehre machen

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  2. Du meinst, so kann man als Bischof die kath. Soziallehre unglaubwürdig machen?

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