Dienstag, 19. Januar 2016

Gerechtere Erbschaftssteuer ist möglich

Die "Streitzeit" des DGB Bayern befasst sich in ihrer aktuellen Veröffentlichung mit dem Thema Erbschaftssteuer. Wir dokumentieren diesen Beitrag unten.
Auch der Deutsche Caritasverband hat sich wiederholt mit dem Thema einer gerechteren Erbschaftssteuer befasst, etwa in seiner Stellungnahme  zum Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichtsder Bundesregierung im November 2012 oder in seinen "Eckpunkten" zur Steuerpolitik im Herbst 2012. Aktuellere Positionierungen haben wir nicht gefunden. 

Die gewerkschaftlichen Forderungen sind prägnant: 

Streitzeit: Gerechtere Erbschaftssteuer möglich

Das aktuelle Gesetz zur Erbschafts- und Schenkungssteuer hat das Bundesverfassungsgericht vor über einem Jahr für verfassungswidrig erklärt. Der Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes werde verletzt. Denn die Erben von großen Betriebsvermögen werden übervorteilt und unter Umständen gar von der Steuer befreit.
Streitzeit: Gerechtere Erbschaftssteuer möglich (PDF, 174 kB)
Das aktuelle Gesetz zur Erbschafts- und Schenkungssteuer ist verfassungswidrig. Denn die Erben von großen Betriebsvermögen werden übervorteilt und unter Umständen gar von der Steuer befreit. Bis zum 30. Juni 2016 muss der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neuregelung vorlegen. Eine Chance für eine gerechtere Erbschaftssteuer.
Bis zum 30. Juni 2016 muss der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neuregelung vorlegen. In einem ergänzenden Votum erläutern drei Verfassungsrichter, dass die Erbschaftssteuer nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen diene, sondern auch ein wichtiges Instrument der Vermögensumverteilung sei. Ausdrücklich erwähnen sie, dass die Vermögensverteilung in Deutschland immer ungleicher geworden ist.
Erbe nur mit 2 % besteuert
Jährlich werden 200 bis 250 Mrd. € Vermögen vererbt oder verschenkt. Das Erbschaftssteueraufkommen beträgt aber nur gut 5 Mrd. €. Das gesamte Erbe wird also nur mit gut 2 % besteuert. Hingegen wird das Arbeitsentgelt mit über 40 % durch Steuern und Sozialabgaben belastet, also 20-mal mehr.
Die Höhe der Erbschafts- und Schenkungssteuer hängt vom Verwandtschaftsgrad, der Erbschaftssteuerklasse und der Höhe des Vermögens ab. Der Freibetrag kann so zwischen 20.000 und 500.000 € liegen, und der Steuersatz zwischen 7 und 50 %. Das gilt allerdings nur für Bürger mit Wohnsitz in Deutschland.
Nachlass trotz Jobabbaus
Bei Betriebsvermögen gibt es Sonderregeln. Führt der Erbe den Betrieb fort, kann er 85 % der Erbschafts- und Schenkungssteuer sparen, wenn er in den fünf Folgejahren im Schnitt 50 % der Lohnsumme bezahlt.
Beispiel: Die Lohnsumme beträgt zum Zeitpunkt des Übergangs 200.000 €. Wenn der Erbe die Arbeitsplätze und so die Lohnsumme gleichmäßig abbaut – erstes Jahr auf 160.000 €, drittes Jahr auf 100.000 €, fünftes Jahr auf 40.000 € – muss er nur 15 % der anfallenden Steuer bezahlen. Die Ziele Fortführung des Betriebs und Erhalt der Arbeitsplätze werden völlig verfehlt – und für das Ganze gibt es Steuervergünstigungen.
Leistungsgerecht besteuern
Bei der nun anstehenden Reform des Gesetzes erwarten die Gewerkschaften, dass sich der Geist des Verfassungsgerichtsurteils wiederfindet. Wir fordern, dass künftig auch die Multimillionäre und Milliardäre entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit Erbschafts- und Schenkungssteuer zahlen. So können die Einnahmen mindestens verdoppelt werden, für Bayern wären das rund 790 Mio. € mehr pro Jahr (s. Grafik). Auch Erbschaften und Schenkungen von großen Betriebsvermögen müssen angemessen besteuert werden.


Gesetzentwurf ist unzureichend
Inzwischen liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine Neuregelung der Erbschafts- und Schenkungssteuer vor. Er dürfte abermals verfassungswidrig sein. Der DGB fordert eine Überarbeitung.
Vererbtes oder verschenktes Betriebsvermögen soll auch künftig weitgehend von der Steuer befreit bleiben. Bis zu einer Erbschaft oder Schenkung von 26 Mio. €, bei „Familienunternehmen“ bis 52 Mio. €, soll regelmäßig ein völlig steuerfreier Vermögenserwerb möglich sein, wenn eine Weiterführung des Betriebs für sieben Jahre und eine bestimmte Lohnsumme garantiert werden. Dies würde keine Gewähr für den Erhalt aller Arbeitsplätze bieten.

Bei einer gerechten Besteuerung wären Mehreinnahmen von ca. 5 Mrd. € jährlich möglich, ohne Arbeitsplätze zu gefährden. Im Gegenteil: Die Länder und Kommunen könnten damit die öffentliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge stärken und dauerhaft viele zehntausende zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

Quelle: DGB Bayern

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