Freitag, 23. Oktober 2015

MAV-Recht im ständigen Wandel

ist das Thema des heute stattfindenden "Symposions" - "Nach der Reform ist vor der Reform" das von der Forschungsstelle für kirchliches Arbeitsrecht mit Unterstützung der Diakonie Württemberg und Beteiligung katholischer Vertreter stattfindet. Das beeindruckende stolze Zitat
καὶ τὴν κοινωνίαν τῆς διακονίας
das auf dem Veranstaltungsprospekt zu lesen ist, entstammt dem 2. Korintherbrief des Apostels Paulus, Kapitel 8, Vers 4.  Übersetzt: "...und die Gemeinschaft des Dienstes" und wir wünschen viel Erfolg bei der Suche des Begriffs in der häuslichen Bibelausgabe.

Unabhängig davon, dass man vielleicht feststellen kann, dass die Rechte der Beschäftigten in den Mitarbeitervertretungsordnungen und -gesetzen üblicherweise bescheidener ausgestattet sind,
als man das von weltlichen Ordnungen gewohnt ist, muss man aber doch sehen, dass dieser Umstand das Feuer des Reformbedarfs und der gelegentlichen Reform am Lodern hält und dass Beschäftigte der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände und Juristen mit diesen Gegebenheiten auf Dauer und intensiv in Konferenzen, Fachtagungen, Symposien, Mitgliederversammlungen, Fachzeitschriften usw. beschäftigt und ausgelastet sind und nicht auf dumme Gedanken kommen. 

Z.B. sich gemeinsam mit anderen Betroffenen mal substantiell tarif- und sozialpolitischen Themen zuzuwenden... 

Divide et impera (teile und herrsche) ist eine bewährte Methode:
solange man sich an den Differenzen zwischen den weltlichen und den kirchlichen Regelungen der kollektiven Mitbestimmung reibt und an diesen Differenzen seine Lebenserfüllung findet, solange kommt niemand darauf, die Idee der Arbeitnehmersolidarität ernst zu nehmen. 
Bei der Gelegenheit eine Erinnerung: das "Betriebsrätegesetz" der Weimarer Republik galt - selbstverständlich - auch für die Kirchen und ihre Einrichtungen. Die Ausnahme der Kirchen und ihrer caritativen und erzieherischen Einrichtungen vom Betriebsverfassungsgesetz und den Personalvertretungsgesetzen ist also - aufgrund der identischen Verfassungsregelungen zur Konkordanz zwischen Kirche und Staat - keineswegs verfassungsrechtlich geboten. Es liegt lediglich im Staat, mit dem "für alle geltenden staatlichen Gesetzen" den Rahmen der kirchlichen Selbstverwaltung zu bestimmen.
Und in der neu gegründeten Bundesrepublik hat die Regierung "Adenauer" die beiden christlichen Kirchen nur von der Gelten des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen, weil diese eigene, sozial vorbildliche Regelungen in Aussicht stellten. Die Personalvertretungsgesetze, die ebenfalls diese Einrichtungen und die Kirchen selbst aus dem Geltungsbereich ausnahmen, formulierten deutlich die Erwartung, die Kirchen mögen eigene Regelungen schaffen. Aus diesen Regelungen ist jahrelang nichts geworden - und selbst heute noch bleiben MVG (evangelisch) und MAVO (katholisch) weit hinter den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes zurück.
Ob dieses "Zurückbleiben" wirklich aus kirchlichen Gründen geboten ist, kann für die katholische Kirche unter Bezug auf c. 1286 CIC und z.B. die Sozialenzyklika "Mater et Magistra" Nr. 82 ff (97) mehr als hinterfragt werden. Nun hat schon vor Jahren ein geschätzter Offizial aus Süddeutschland dem örtlichen MAV-Vorsitzenden erklärt, man könne bekanntlich auch den größten Mist "juristisch sauber formulieren". Das stimmt - und das kirchliche Arbeitsrecht wird seit Jahren von Juristen und nicht von Theologen oder Sozialethiker gestaltet. Und Letztere sind auch bei dieser Veranstaltung nicht als Referenten vorgesehen.

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