Montag, 28. Dezember 2015

Medienrückblick - heute am Montag: Ein unmoralisches Angebot? - Ein wahres Wort! - Eine bemerkenswerte Krippe?!

Unter dem Titel "Ein unmoralisches Angebot?" befasste sich am 22.12. das Handelsblatt mit dem Thema:
Private Pflegeanbieter sind plötzlich zu Tarifverhandlungen bereit. Verdi ist skeptisch.
und führt darin (zum Schreiben des Arbeitgeberverbandes Pflege an ver.di mit der Aufforderung zu Verhandlungen über einen Tarifvertrag für Auszubildende) aus:
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Bühler glaubt deshalb auch eher an ein unmoralisches Angebot: "Für mich ist die Verhandlungsaufforderung ein klarer Versuch, unsere Projekte in Niedersachsen und Bremen zu torpedieren." Die Projekte - das sind Tarifverträge für Pflege-Azubis, auf die sich Verdi in den beiden Ländern mit Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege geeinigt hat. Ziel ist, diese für das ganze Bundesland allgemein verbindlich erklären zu lassen. Dann müssten sich alle Träger daran halten, auch die privaten.
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Den Vorwurf, an echten Verhandlungen nicht interessiert zu sein, weisen die Arbeitgeber aber zurück. Man könne nicht nur über Azubis, sondern irgendwann auch über einen Entgelttarifvertrag reden, sagt Greiner. Das hänge davon ab, "wie weit Verdi bereit ist, vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Abstand zu nehmen". Der ist für die Gewerkschaft die Richtschnur: Altenpflegekräfte in den wenigen verbliebenen öffentlichen Einrichtungen verdienen je nach Tätigkeit und Berufserfahrung zwischen 2 103 und 4 485 Euro. Verdi strebt auf lange Sicht 3 000 Euro Mindestvergütung an.
auf gut Deutsch: je mehr ver.di bereit ist, Dumpingtarife zu akzeptieren, desto eher wird der Arbeitgeberverband bereit sein, diese Dumpingtarife auch durch Tarifverträge abzusegnen - mit ver.di, nachdem die Absprachen mit den christlichen Gewerkschaften, die bekanntlich besonders christlich zu den Arbeitgebern sind, immer mehr "Schiffbruch" erleiden. Ver.di wird sich zu solchen Kapriolen sicher nicht hergeben.


Fast wie abgesprochen findet am gleichen Tag auch die Süddeutsche Zeitung ein wahres Wort zum Jahreswechsel:
Löhne - Engagement hilft, Motzen nicht

Viele Deutsche können sich über höhere Löhne und Gehälter freuen. Das wäre nicht der Fall, hätten sich alle rausgehalten. Ein Zeichen, wie wichtig Gewerkschaften auch heute sind.
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Kurz vor Weihnachten hat das Statistische Bundesamt seine neue Erhebung über die Entwicklung der Löhne veröffentlicht. Die Zahlen hören sich erfreulich an. Die Nominallöhne sind in diesem Jahr bisher um 2,6 Prozent gestiegen, und weil es kaum Inflation gibt, bedeutet das auch real noch einen Anstieg um 2,4 Prozent. Im Frühjahr werden die Daten fürs gesamte Jahr vorliegen; gut möglich, dass das Plus dann sogar noch ein bisschen höher sein wird.

Ja, diese Zahlen sind gut. Aber es gibt noch etwas bessere. Die Statistiker des Bundesamts betrachten immer die Löhne aller Branchen und Beschäftigten. Die Statistiker der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hingegen schauen sich vor allem an, wie die Tariflöhne gestiegen sind: nämlich um bis zu 3,5 Prozent, meistens zwischen 2,5 und drei Prozent. Anders gesagt, es macht auch in diesem Jahr wieder auf dem Konto einen Unterschied, ob die Arbeitsbedingungen ausgehandelt werden zwischen einem Arbeitgeberverband und einer Gewerkschaft - oder ob man in einer Firma arbeitet, deren Chef nichts von Tarifverhandlungen hält und nach Gutdünken entscheidet, wem er wie viel zahlt und wann er das Gehalt in welcher Höhe mal erhöht. Wo aber verhandeln Gewerkschaften mit Aussicht auf Erfolg? Nur in Branchen und Firmen, in denen sie so viele Mitglieder haben, dass die Arbeitgeber wissen: Entweder wir kommen ihnen jetzt entgegen. Oder demnächst wird wohl ein Streik unseren Betrieb lahmlegen.
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Erfolge, an denen man selber Anteil hat, wirken ganz anders als jene, die wie ein Naturereignis ins Leben treten. Der gesetzliche Mindestlohn gewährleistet seit einem Jahr ein akzeptables Einkommen überall dort, wo Gewerkschaften mangels Mitgliedern mehr oder weniger machtlos sind. Er ist ein Fortschritt - aber auf die negative Grundstimmung in der Gesellschaft hat er so gut wie keinen Einfluss gehabt. Das hat zwar auch niemand erwartet. Aufschlussreich ist es dennoch.


Damit wollen wir es dann aber mit gewerkschaftlichen Themen bewenden lassen und uns doch noch weihnachtlichen Themen zuwenden:
Christ & Welt beschreibt dazu in der Ausgabe 52/2015 eine bemerkenswerte Krippe:
eine Kirche in Madrid wählte einen makaberen Weg, um auf das europäische Flüchtlingselend aufmerksam zu machen. Sie verzichtete auf die klassische Krippenfiguration. Keine Maria, kein Josef, kein Jesuskind. Bäuchlings auf dem nackten Boden liegt stattdessen, von seinen verzweifelten Eltern umringt, plastisch nachgebildet der fünfjährige Aylan Kurdi. Der ertrunkene syrische Flüchtlingsjunge liegt genauso da wie auf dem Foto, das im Sommer die Welt erschütterte, nachdem sein Leichnam ans griechische Ufer gespült worden war. Padre Ángel García Rodríguez, Pfarrer an der San-Antón-Kirche, sagt: »Den Menschen soll bewusst werden, dass es unmöglich ist, die Flüchtlingskrise zu ignorieren.«

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